Rechtzeitig vor dem Ende der Begutachtungsfrist am 15. Jänner hat die AMM offiziell eine (auf der Homepage des Parlaments auch einsehbare) Stellungnahme zur geplanten Novelle des Universitätsgesetzes abgegeben.
Die geplanten Novellierungen sind umfangreich, einige Punkte drohen das (ohnehin nicht ausgewogene) Gleichgewicht zwischen den universitären Führungsgremien massiv zu verschieben - in der Frage der Widerbestellung des Rektors in Richtung Universitätsrat, in der Frage der Berufungsverfahren in Richtung des Rektorats - in allen Fällen zu Ungunsten des Senats (und der stellt immerhin das einzige direkt basisdemokratisch legitimierte Organ der Universität dar).
Die Salzburger Universitäten sprachen in diesem Zusammenhang in einer Presseaussendung wörtlich davon, dass eine "Orbanisierung der Universitäten" drohe - eine Formulierung, über die sich BM Faßmann im Rahmen einer Einladung zur Konferenz der Senatsvorsitzenden der Österreichischen Universitäten am 8. Jänner überaus erbost zeigte.
Analysiert man die inhaltlichen Punkte der Novelle genauer - Entsendung eines rektoralen "Aufpassers" in Berufungskommissionen, Willkürregelungen in Berufungsverfahren, Aushebelung der universitären Autonomie - sollte Faßmann hier wohl eher einige Passagen der Novelle kritisch hinterfragen als sich zu empören.

Wahl & Wiederbestellung des Rektors

  • Bei der Wiederbestellung des Rektors hat sich die gemeinsame Einbindung der beiden anderen universitären Leitungsgremien (Senat und Universitätsrat) ausgesprochen bewährt, vor diesem Hintergrund sprechen wir uns entschieden gegen die geplanten Änderungen in §23b aus.
  • Ausdrücklich begrüßen wir, dass die maximale Anzahl der Wiederbestellungen nun limitiert werden soll. Sinnvoll wäre aus unserer Sicht auch eine Regelung für den Zeitraum innerhalb der Funktionsperiode des Rektors, in dem eine solche Wiederbestellung erfolgen kann (z.B. nach Ablauf des 3. Jahres) – hier muss auch hinterfragt werden, ob die frühzeitige Wiederbestellung durch Leitungsgremien in der Endphase ihrer Funktionsperiode (und damit die ev. auch gezielte Nichtbefassung des Nachfolgegremiums) erwünscht und der universitären Weiterentwicklung dienlich ist.
  • Statt der Einführung eines willkürlichen Alterslimits könnte auch die Anzahl der maximal möglichen Funktionsperioden des Rektors bzw. der Rektorin beschränkt werden.

Universitätsrat

  • Die Änderung in §21 (4) ist grundsätzlich begrüßenswert, allerdings sollte die festgeschriebene Unvereinbarkeit auf Funktionäre der Gemeinde- und EU-Ebene ausgedehnt werden.
  • Die in Absatz 3 angesprochene Qualifikation von UniversitätsrätInnen sollte im Rahmen verpflichtend vorgesehener öffentlicher Hearings nachvollziehbar gemacht werden.

Curricula

  • Die geplante Änderung zur Erlassung von Richtlinien zur strukturellen Gestaltung von Curricula durch das Rektorat stellt einen Eingriff in die Autonomie der Universitäten dar und ist auch deshalb abzulehnen. Die Möglichkeit zur Aufnahme curricularer Zielsetzungen in die Leistungsvereinbarung besteht – bei rechtzeitiger Befassung der zuständigen Gremien – schon jetzt.

Wahlen: Senat und AKG

  • Wir begrüßen ausdrücklich die geplante Umsetzung unserer langjährigen Forderung, die Wahlen in den Senat auch als Distanzwahlen durchführen zu können - §25 (4).
  • Auch die direkte Wahl der Mitglieder des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen (§42) stellt eine begrüßenswerte Neuerung dar; die Festlegung der offensichtlichen Unvereinbarkeit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft in Senat und AKG war überfällig.
  • Wir dürfen allerdings eindringlich darauf hinweisen, dass bezüglich der Wahlen in den AKG und der KA-AZG VertreterInnen keinerlei Bestimmungen zu einer Distanzwahl existieren.

Berufungsverfahren

  • §98 (4a): allfällige Vorteile für Berufungsverfahren aus einer „Begleitung“ dieser Verfahren durch vom Rektor eingesetzte Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren sind uns nicht ersichtlich. Die Entsendung eines von Rektor oder Rektorin ernannten „Berufungsbeauftragten“ in die durch den Senat eingesetzte Berufungskommission ist entschieden abzulehnen.
  • Die in §98 (7) & (8) vorgesehene Fristsetzung für Berufungskommissionen kann sich allenfalls an dem Zeitpunkt orientieren, an dem die angeforderten Gutachten vorliegen. Wenn – wie in der Novelle vorgesehen – eine Frist von 7 Monaten notwendig erscheint, muss es jedenfalls die vom Senat eingesetzte Berufungskommission sein, welche “unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Unterlagen“ den Dreiervorschlag erstellt. Da es sich bei den zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Unterlagen realistischer weise nur um Gutachten handeln kann, würde die beabsichtigte 7-Monatsfrist auch einen Eingriff in den Qualitätssicherungsprozess darstellen und letztlich erlauben, dass KandidatInnen in einen Dreiervorschlag aufgenommen werden, zu welchen keine Gutachten vorliegen.
  • Ebenfalls einen schweren nachteiligen Effekt auf Transparenz und Qualitätssicherung hätte die in §98 (2) vorgesehene Möglichkeit, KandidatInnen bis zum Zeitpunkt der Erstellung des Besetzungsvorschlags in das Berufungsverfahren aufnehmen zu können: diese Personen könnten keinem gegenüber den regulären BewerberInnen identen Begutachtungsverfahren unterworfen werden, Neben dem Problem der fehlenden Verfahrensgerechtigkeit führt dies auch zu einer Verzögerung des Verfahrens – und konterkariert damit die (vermuteten) Intentionen von §98 (7) & (8). Demnach lehnen wir diese Änderungen ab.
  • §99a: wir dürfen darauf hinweisen, dass – ausschließlich - bei der nun geplanten Möglichkeit, „in besonders begründeten Fällen“ auch sofort einen unbefristeten Arbeitsvertrag abschließen zu können, keinerlei Qualifikationsprüfung vorgesehen ist.

Ghostwriting

  • Die in §116a für Ghostwriting vorgesehenen Strafbestände sollten nicht primär auf die Verfasser solcher Schriften absehen, sondern auf Studierende, welche sich dieser betrügerischen Maßnahmen bedienen. Insofern sollte hier die Konsequenz der Inanspruchnahme von Ghostwriting klar dargelegt werden. Das Festlegen einer Verjährungsfrist ist hier nicht nachvollziehbar, aber auch innerhalb einer solchen Frist dürfen die Konsequenzen für den (aktuellen oder ehemaligen) Studierenden nicht vom Zeitpunkt der Tatfeststellung abhängen.
  • Das Verbot der Verwendung unerlaubter Hilfsmittel sollte in die Novelle wieder aufgenommen werden.

Leitungsfunktionen im klinischen Bereich

Die Novelle spricht (§31) von einer „entsprechend qualifizierten Person die in ein Arbeitsverhältnis zur Universität aufgenommen werden soll“. Dies stellt einen grundlegenden Unterschied zur bisher bestehenden (und auch aktuell für den nicht-klinischen Bereich gültigen) Regelung dar, wonach eine entsprechend qualifizierte Person in aufrechtem Dienstverhältnis zu bestellen ist. Eine solche Regelung ist abzulehnen.

Arbeitsrecht - Kettenvertragsregelung

§109: Die Intention, mit den vorgeschlagenen Änderungen in §109 die Spannungen zwischen den „Bedürfnissen“ der Projektlandschaft und der Möglichkeit einer gesicherten Anstellung der MitarbeiterInnen aufzulösen, wird auch mit diesem Entwurf nicht gelingen.
Das Hin- und Herschieben von Zeithorizonten wird keinen Einfluss auf den Willen der Rektorate zeigen, Dauerstellen unterhalb der Professoreneben zu einrichten; auch werden damit die zahlreichen anderen Probleme in diesem Zusammenhang nicht gelöst (unterschiedliche Projektlandschaften (§ 26, § 27), unterschiedliche Auszahlungszeiträume von verschiedenen Fördergebern, die zu den extremen Kurzzeitverträgen führen, die LektorInnenproblematik, Ersatzkräfte (die auch das allgemeine Personal betreffen), DissertantInnen,…).
Die vorgeschlagene Regelung löst diese Probleme nicht auf, sie ist nur noch komplizierter und im Detail widersprüchlicher geworden als die bisherige Rechtslage, die Missbrauchsanfälligkeit ist geblieben und in Bezug auf die Dissertationszeiten wohl sogar gewachsen.
Neben den jetzt bereits erkennbaren Bruchstellen und Widersprüchen ist davon auszugehen, dass sich durch die realen Viten einige Problem für den Arbeitgeber, ProjektleiterInnen und die MitarbeiterInnen auftun werden, die – wie schon jetzt - erst im letzten Moment bemerkt werden und damit weiter zu Lasten der betroffenen MitarbeiterInnen gehen.
Ein zentrales Problem in der Praxis ist, dass der Terminus „Planung“ im Zusammenhang mit MitarbeiterInnen im Projektberich zwar existiert, aber nur äußerst schwach aktiviert ist. Insofern wäre jedenfalls zu erwägen, die schwierige Personalprobelmatik im Befristungsbereich organisatorisch abzufangen und zu begleiten.
Wir empfehlen hier dringend eine Überarbeitung des § 109 unter intensiver Einbeziehung von VertreterInnen, welche mit den in diesem Zusammenhang auftretenden realen Problemen vertraut sind. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die juristisch fundierten Detailanalysen in den Stellungnahmen der BV 13 und der BV 16 der GÖD.

Studienrecht

§126 (4): Im dritten Satz wurde der Passus „in der jeweils geltenden Fassung“ ersatzlos gestrichen, dies ist in den Erläuterungen nicht näher ausgeführt und für uns unverständlich.