Dienstag ging der Testlauf zur neuen Studienplatzfinanzierung durch den Ministerrat. Die Rektoren üben Kritik: Das Gesetz sei "unausgegoren". Neuerungen und Schwächen des Modells im Überblick.

Auf den ersten Blick ist Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) gestern, Dienstag, ein großer Wurf gelungen: Der Testlauf zur Studienplatzfinanzierung – seinem Prestigeprojekt – wurde im Ministerrat beschlossen. Dadurch sollen die Unis eine gewisse Summe Geld pro Studienplatz erhalten und damit völlig anders als bisher finanziert werden. Auf den zweiten Blick erscheint die Reform aber nur wenig Erfolg versprechend. Die Uni-Rektoren nennen das Gesetz „unausgegoren“ und sprechen von einem „parteipolitischen Kompromisspapier“. Neuerungen und Kritikpunkte im Überblick:

1. Die Beschränkungen orientieren sich nicht an den Kapazitäten.

Die augenscheinlichste Neuerung, die die Studienplatzfinanzierung mit sich bringt, ist die Einführung weiterer Zugangsbeschränkungen. In fünf zusätzlichen Studienfeldern – Architektur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften – erlaubt das Gesetz den Unis künftig, Aufnahmeverfahren durchzuführen. Betroffen sind davon 19 Studien (siehe Grafik). Was als Beschränkung verkauft wird, ist aber eine Fortschreibung der schon bislang hohen Zahl an Studienanfängern. Denn die Platzzahl orientiert sich an den Anfängerzahlen aus dem Studienjahr 2011/12. Und nicht, wie von den Rektoren gefordert, an den tatsächlichen Kapazitäten der Hochschulen. Abgesehen von Architektur gibt es demnach in keinem einzigen Fach weniger Studierende als bisher.

2. Die Verteilung der Studenten birgt Konfliktpotenzial in sich

Zwar ist die Zahl der Studienplätze in den einzelnen Fächern bereits festgelegt. Wie sich diese auf die einzelnen Unis verteilen, ist aber noch unklar. Geklärt werden soll das in Verhandlungen zwischen den jeweiligen Hochschulen und dem Ministerium. Die Idee: Extrem überlastete Unis – wie die Wiener Wirtschaftsuni – sollten weniger Studenten aufnehmen, andere – etwa die Uni Wien – müssten dafür mehr Plätze anbieten. Legen sich einzelne Unis quer, in den ohnehin schon überlaufenen Fächern mehr Studierende aufzunehmen, könnte das zu einem Kräftemessen zwischen den Institutionen werden.

3. Befristete Konzepte verhindern eine langfristige Planung

Gänzlich aufatmen können die Unis durch die Einführung der Beschränkungen in den überlaufenen Fächern nicht. Denn das entsprechende Gesetz ist bis 2015 befristet. Gibt es bis dahin keine Neuregelung, müssen die Unis ab 2015 wieder alle Studierenden aufnehmen. Unwahrscheinlich ist das insofern nicht, als sich bis dahin die politischen Machtverhältnisse im Land bereits geändert haben könnten. Und auch das Ja der SPÖ zu Zugangsbeschränkungen ist nicht in Stein gemeißelt. Grundsätzlich soll ab 2016 der Nationalrat entscheiden, welche Fächer in welchem Ausmaß beschränkt werden sollen.

4. Universitäten entscheiden selbst über die Aufnahmeverfahren

Um einen Studienplatz zu ergattern, müssen sich angehende Studenten künftig rechtzeitig für das Wunschstudium registrieren. Steht fest, dass es an einer Uni mehr Bewerber als Plätze gibt, müssen die Universitäten ein Aufnahmeverfahren durchführen. Doch auch dann, wenn es knapp weniger Bewerber als Plätze gibt, sind Unis gut beraten, einen Test durchzuführen. Grund dafür: Werden Bewerber an anderen Unis abgewiesen, dann sind sie berechtigt, sich für dasselbe Fach an anderen Unis nachzuregistrieren. Was passiert, wenn auch dort die Plätze nicht ausreichen, ist unklar. Theoretisch können sich Studenten im Vorfeld an mehreren Unis registrieren. Da die Unis aber planen, die Aufnahmeprüfungen österreichweit an einem Tag abzuwickeln, werden die Studenten nur an einer Uni antreten können.

5. Ein Studienbeginn ist nur noch einmal im Jahr möglich.

Wahrscheinlich ist, dass die Unis nur noch einmal jährlich, und zwar im Wintersemester, Anfänger in den betroffenen Fächern aufnehmen. Auch für das Sommersemester Aufnahmeverfahren durchzuführen, wäre logistisch schwierig. Zumal es schwer abzuschätzen ist, wie groß der Andrang sein wird.

6. Von einer Finanzierung pro Kopf ist man noch weit entfernt

Eigentlich sollen die Unis für jeden Platz, den sie anbieten, eine gewisse Summe erhalten. Laut einem ersten Konzept von Unis und Ministerium werden sieben Fächergruppen unterschieden. Am wenigsten Geld gibt es für Buchwissenschaften wie Jus, Wirtschafts- oder Geisteswissenschaften, am meisten gibt es für Veterinärmedizin.
Dieses Vorhaben bleibt vorerst ein frommer Wunsch. Ob es eine echte Pro-Kopf-Finanzierung geben wird, ist offen. Ein Vollausbau der neuen Uni-Finanzierung ist erst in der Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 geplant. Die Details der neuen Finanzierung werden in den kommenden beiden Jahren – also während des Testlaufs – festgelegt. Erst dann wird klar sein, wie viel Geld die Unis für die Erreichung einzelner Ziele – wie der Erhöhung der Zahl aktiver Studierenden – tatsächlich erhalten. Bis 2016 wird es also ein Parallelsystem bei der Finanzierung mit alter und neuer Berechnung geben.

Originalbeitrag in: Die Presse