Nach der Kritik des Rechnungshofes am AKH liegt nun ein Rohbericht zu einer Prüfung des Wilhelminenspitals vor – und dieser Bericht wirft auf die Führung des Wilhelminenspitals und den KAV kein gutes Licht.
Der RH bemängelt den katastrophalen Zustand der Bausubstanz und das Fehlen von Konzepten für Erhaltungsmaßnahmen und Auslastungsoptimierungen.
Und wörtlich: „Im Zeitraum 2005 bis 2011 stiegen die Kosten der Erhaltung jährlich um durchschnittlich 18 Prozent“.
Stadträtin Sonja Wehsely dazu: es sein sei ohnehin bereits im Frühjahr eine eigene Direktorenstelle für Infrastruktur und Organisationsentwicklung geschaffen worden, die sich um diese Bereiche kümmere.

Manchmal kommt der Rechnungshof auf unangenehme Ideen – zumindest für die Stadt Wien. Beispielsweise wenn die Prüfer beschließen, sich aus eigenem Interesse dem Wilhelminenspital zu widmen – so wie es jetzt passiert ist. Und diese Ergebnisse auch noch in einem vertraulichen Rohbericht zusammenfasst, welcher der „Presse“ vorliegt. Brisant wird es vor allem, wenn der Rohbericht dann ein Bild von Planlosigkeit, Schlampigkeit und Kostenexplosionen vermittelt.
Untersucht wurde die Gebarung der verantwortlichen Spitalsspitze und des Krankenanstaltenverbunds bezüglich Erhaltung des Spitals. Da wäre einerseits die finanzielle Seite. „Im Zeitraum 2005 bis 2011 stiegen die Kosten der Erhaltung jährlich um durchschnittlich 18 Prozent“, also auf insgesamt 134,73 Millionen Euro, heißt es in dem Bericht. Der Rechnungshof hält also eine Kostenexplosion fest, die mehr als kritisch gesehen wird. Eine Ursache dürfte Planlosigkeit und Schlamperei sein: „Der Krankenanstalten-verbund (KAV) hatte verabsäumt, für das Wilhelminenspital eine kontinuierliche Zustandserfassung und Maßnahmenplanung zu implementieren“, heißt es in dem Bericht wörtlich. Die Folge: Elf von 28 im Jahr 2010/2011 bewertete Betten-stationen wiesen laut Rechnungshof einen Bauzustand mit der schlechtesten Bewertung auf. Überspitzt formuliert: Auf Probleme mit der Bausubstanz bei rund 40 Prozent der untersuchten Bettenstationen wurde nicht reagiert, weil es keine Zustandserfassung gab. „Es fehlten Konzepte für Erhaltungsmaßnahmen und Auslastungsoptimierungen“, so der Rechnungshof. Dass weder KAV noch die Führung des Wilhelminenspitals generell eine Prioritätenreihung der Erhaltungsmaßnahmen vorgenommen haben, passt dabei ebenso ins Bild wie das Fehlen eines Finanzierungskonzepts für diese Maßnahmen.
Für Areale, die künftig nicht weiter vom Spital genutzt werden, kritisiert der Rechnungshof weiter, lagen keine Konzepte für eine Nachnutzung vor.

Kostenexplosion bei Sanierungen

Finanziell sieht der Rechnungshof deutliche Einsparungspotenziale, beispielsweise bei der durchgeführten Sanierung von drei Pavillons. Beim Pavillon 23 (Radioonkologie) fehlten im Leitungsbild die Bereiche Kostenverfolgung, Rechnungsprüfung sowie Bearbeitung von Mehr- und Minderkostenforderungen. Die Folge laut Rechnungshof: eine Kostenexplosion um rund 122 Prozent. Bei der Sanierung des Pavillons 29 (Herzintensivstation) sieht es nicht besser aus. Dort stiegen die Kosten um 67 Prozent, obwohl es von 579 ausgeschriebenen Positionen des Leistungsvertrags (also Aufträge) lediglich zu einer Durchführung von 392 kam. Anders formuliert: Es fanden weniger Arbeiten statt als ursprünglich geplant. Die Kosten sind deswegen trotzdem nicht gesunken, sondern sogar massiv gestiegen. Ein Grund dafür könnte sein, dass seitens der Verantwortlichen offenbar recht locker mit dem Geld umgegangen wurde. So hält der Rechnungshof fest, dass widerspruchslos Zusatzleistungen bezahlt wurden, die nicht beauftragt wurden. Dass Regieleistungen fehlerhaft abgerechnet wurden, passt dabei ins Bild. Ein plakatives Beispiel: Bei den Renovierungen zweier Pavillons sind 135.000 Euro wegen einer Fehlbuchung sozusagen verschwunden – was niemandem aufgefallen ist. Erst nach einem Hinweis der Prüfer wurde die Buchung korrigiert.
Im Gesundheitsressort von Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) wird zu dem wenig erfreulichen Bericht erklärt: Der KAV habe dem Rechnungshof bereits zugesagt, ausnahmslos alle Empfehlungen umzusetzen. In einigen Bereichen sei dies bereits passiert. Weiter heißt es: Bei der Umsetzung des Wiener Spitalskonzepts 2030 führe der KAV ein enormes Neu- und Ausbauprogramm seiner Spitäler durch, unter anderem auch den Neubau des Wilhelminenspitals. Um hier derartige Probleme zu vermeiden, sei bereits im heurigen Frühjahr eine eigene Stelle (eine Direktorenstelle für Infrastruktur/Organisationsentwicklung) geschaffen worden, die sich um diese Bereiche kümmere. Der Rechnungshof-Rohbericht bestätige nun, heißt es im Gesundheitsressort, dass dieser Schritt die richtige Entscheidung gewesen sei.

Originalartikel in: Die Presse