Nachstehend das Informationsschreiben des Betriebsrates zur Novelle des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA AZG), mit der die zulässigen Arbeitszeiten für ÄrztInnen entsprechend der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus 2003 herabgesetzt werden. Das Gesetz wird vermutlich mit dem 1.1.2015 in Kraft treten.

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

der Nationalrat hat eine Novelle des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes beschlossen, mit der die zulässigen Arbeitszeiten für Ärztinnen entsprechend der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus 2003 endlich substantiell herabgesetzt werden. Das Gesetz ist derzeit noch nicht in Kraft, wird aber ziemlich sicher ab 1.1.2015 gelten. Für "geübte" LeserInnen habe ich die Novelle beigelegt.

Daraus ergeben sich ein paar Problemkreise für den Arbeitgeber, die Klinikleitungen und die MitarbeiterInnen:

Organisatorisches: Die Herabsetzung der Arbeitszeiten zusammen mit einer rigiden Regelung der Ruhezeiten führt zur Präsenzverminderung der Ärztinnen und Ärzte. Für die Klinik ergibt sich daraus, dass organisatorische Änderungen, Personalaufstockungen und/oder Leistungsreduktionen vorgesehen werden müssen. Dieses Problem wird begleitet von der

Opt-out-Regelung: Das Gesetz sieht vor, dass die wöchentliche Arbeitszeit zwar 48 Stunden beträgt, aber derzeit noch 60 Stunden geleistet werden dürfen, wenn es eine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt und eine individuelle Einverständniserklärung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters für diese verlängerte Arbeitszeitvariante vorliegt. Wenn jemand nicht zustimmt, dann gelten die 48 Stunden, es darf ihm daraus aber kein Nachteil erwachsen. Eine erfolgte Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Ab 1.1.2018 beträgt diese erhöhte Arbeitszeit nur mehr 55 Stunden, mit 30.6.2021 ist die Übergangsfrist dann zu Ende.

Einkommen: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter resultieren aus der verringerten Zahl von Diensten verringerte Einkommen.

Was passiert derzeit in diesem Zusammenhang:

EDM: Die in der Novelle inkludierten Ruhezeitenregelungen und die notwendige Überwachung der Durchrechnungszeiträume etc. erfordern eine Nachprogrammierung des EDM, die bereits beauftragt worden ist. Schulungen der Personalmanager an den Kliniken durch die Personalabteilung werden vermutlich noch folgen.

Opt-out-Regelung: Sie werden von der Personalabteilung nächste Woche ein entsprechendes Formular zugestellt bekommen (Erläuterungen inklusive). In diesem Punkt ist noch offen, wie sich die Diskussionen insgesamt bzw. in einzelnen Kliniken entwickeln werden. Jedenfalls ist gesetzlich geregelt, dass Ihnen kein Nachteil erwachsen darf, wenn Sie nicht für längere Arbeitszeiten optieren. In diesem Zusammenhang sind natürlich die Klinikleiterinnen und Klinikleiter gefordert, eine sorgfältige Diskussion der Arbeitsprozesse und vorgehaltenen Leistungen und der dafür notwendigen personellen Ressourcen an ihrer Klink zu führen.

Betriebsvereinbarung: Die bestehende KA-AZG-Betriebsvereinbarung hat einige wichtige Punkt des jetzigen Gesetzes bereits antizipiert, braucht also nicht grundsätzlich erneuert zu werden. Sie wird aber um einige Zusatzregelungen ergänzt werden müssen. Dazu hat es bereits Gespräche zwischen Rektor Schütz und dem Betriebsrat gegeben, eine schriftliche Zusammenfassung der neuen Punkte gibt es derzeit noch nicht, daher möchte ich dazu jetzt nichts sagen. Jedenfalls ist aber Rektor Schütz zur Betriebsratssitzung am nächsten Donnerstag eingeladen und da wird das KA-AZG-Thema diskutiert werden. Es sind dazu auch die von Ihnen gewählten Vertreter (es sind tatsächlich nur Männer, wie ich bei der Einladung feststellen musste) der vom KA-AZG betroffenen Ärztinnen und Ärzte eingeladen. Wir werden natürlich auch die Einberufung einer Betriebsversammlung beraten.

Einkommen: Eines der Grundelemente der Diskussion um die Herabsetzung der Arbeitszeiten für Ärztinnen und Ärzte ist, dass die Einkommensteile, die aus den überlangen Arbeitszeiten stammen, durch ein erhöhtes Grundgehalt abzulösen sind, wie auch die derzeitigen Diskussionen und Anpassungen in den Bundesländern zeigen (für uns sind da vor allem die Steiermark und Tirol interessant). Unser (Medizinische Universitäten Graz, Innsbruck, Wien) Gegenüber in solchen Fragen ist neben dem Dachverband der Universitäten das BM für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Es wurde vorige Woche bei den KV-Verhandlungen bereits ein neue Universitätsärztezulage diskutiert (die auch nichtklinische Ärzte umfassen würde), die aber beim Dachverband auf wenig Gegenliebe gestoßen ist (in diesen Verhandlungen wurde auch eine aller KV-Gehälter um 2,35% gefordert, von der Arbeitgeberseite gibt es dazu noch kein Angebot). Letztlich bestimmt diese Frage auch die Konkurrenzfähigkeit der Universitäten gegenüber anderen Anbietern von Arbeitsplätzen. Die nächste Gelegenheit für eine Diskussion der Gehälter ergibt sich in den nächsten Tagen bei einem Gespräch der Betriebsräte der Universitäten mit Sektionschef Pichl im Ministerium.

Mit den besten Wünschen
Ingwald Strasser
für den Betriebsrat für das wissenschaftliche und künstlerische Personal

(Falls jemand mit dem „künstlerisch“ nichts anfangen kann: es ist der gesetzlich vorgesehen Name und wir beschäftigen tatsächlich Künstler – SchauspielerInnen, die PatientInnen simulieren.)