Am Freitag, dem 5. Juli fand wieder der „Eignungstest“ für das Medizinstudium im kommenden Studienjahr statt – diesmal erstmals als einheitliches Testverfahren der drei öffentlichen medizinischen Universitäten Österreichs. Für Wien gab es 5734 Anmeldungen; eine Aufschlüsselung in die Herkunftsregionen ist auch in Zusammenhang mit den gehandhabten "Nationen-Quoten" interessant – 75% der Studienplätze gehen ja an Österreicher, 20 Prozent an EU-BürgerInnen, 5% an KandidatInnen aus Drittstaaten:

HerkunftAnmeldungenPlätze laut QuoteStudienplatz für (%)
Österreich355055515,6
EU*20381487,3
Drittländer1463725,3

*91% Deutsche
Aber auch abseits von Zahlenspielen gibt es von diesem Eignungstest Interessantes zu berichten – wenn auch leider nicht im positiven Sinn. Genau die Fragentypen, wegen derer der schweizer EMS abgelöst wurde, fanden sich in diesem Test in großer Anzahl – alleine aufgrund dessen kann man getrost einen "Gender-Gap" von zumindest 10% prognostizieren. Noch schlimmer aber dann der Wissenstest, in dem sich eine völlige Planlosigkeit (des Tests oder des MCW?) offenbarte: die Fragen waren zum Teil über dem Niveau der Wiener SIP 1 – und dafür unterrichten unsere AssistentInnen immerhin ein ganzes Studienjahr...
10.643 BewerberInnen traten in Graz, Innsbruck und Wien zu diesem Auswahlverfahren an. Bislang hatte Graz einen Wissenstest durchgeführt während Wien und Innsbruck den schweizer EMS zukauften, diesen unterschiedlich auswerteten und vor dem Hintergrund von schwachen Testergebnissen weiblicher Studienwerber eben nun weitgehend das Grazer Modell – bei welchem die Frauen allerdings in gleichem Ausmaß schlechter abgeschnitten hatten wie beim EMS – übernommen. Unter dem Namen MED-AT und wohlwollend inszenierter medialer Begeisterung fand der in Wien ablaufende Teil des Verfahrens wie schon in den Vorjahren im Messegelände statt – für Wien gab es 5734 Anmeldungen für 740 Plätze (Innsbruck: 2795/400 – mehr Deutsche als Österreicher, Graz: 2115/360).

Wurde die Organisation des MED-AT von überraschend massiven Mängeln überschattet, war es dann aber der Test selbst, der (zumindest) unter den als Aufsichtspersonal fungierenden Universitätslehrern für massive Irritationen sorgte: Der Vormittagsteil (wir beschränken uns der Einfachheit halber auf den Test für das Studium der Humanmedizin) umfasste:

  • 22 (!) Aufgaben zur (virtuellen) Zusammensetzung von Formen aus dargestellten Bruchstücken. (Berechtigte) Fragen der StudienwerberInnen, ob denn die "Spielregeln" lediglich ein Verdrehen der Bruchstücke vorsehen oder ob auch ein Spiegeln erlaubt sei, konnten nicht beantwortet werden.
  • eine Lernphase: zur Einprägung abgebildet waren 8 "Allergieausweise": Foto, Name, Ausweisnummer, bekannte Allergien, Wohnort, Geburtsdatum…
  • 48 (!) dargestellte Zahlenreihen mit der Frage, wie denn diese Reihe logisch fortzusetzen sei
  • 20 Fragen zu den davor eingeprägten Allergieausweisen. z.B. Abbildung des Fotos der betreffenden Person mit der (Multiple Choice) Frage nach dem Namen des Allergikers. oder: "welche Ausweisnummer hat der Patient der am x.x. Geburtstag hat?"
  • 14 textbasierte mathematische Aufgaben


am Nachmittag dann:

  • 120 Wissensfragen ("Test über das schulische Vorwissen aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik und Mathematik")
  • 25 Fragen "zur Überprüfung der Lesekompetenz und des Textverständnisses"


Das Bemerkenswerte:

  • die Wissensfragen (für die es keine "Lernunterlage" gab) waren über weite Strecken über dem Niveau des SIP-1 Stoffes.
  • mit dem Formentest wird hier ein Element benutzt, welches (in sehr ähnlicher Form) beim EMS als "frauendiskriminierend" dargestellt wurde UND (was ja eigentlich das einzig valide Argument darstellen sollte): die Relevanz solcher Fertigkeiten für eine festzustellende ärztliche Eignung ist nicht gegeben.
  • mit der praktizierten Form des Lerntests werden Fähigkeiten getestet, welche im klinischen Alltag explizit nicht angewandt werden sollten. Und inwieweit z.B. ein persönliches Unvermögen sich Gesichter zu merken einen Ausschlussgrund für den ärztlichen Beruf darstellen sollte, sei dahingestellt.
  • die angewandten Fragenformate stehen in grundsätzlichem Widerspruch zu den an der MedUni Wien verwendeten/zugelassenen Fragenformaten.

Darüber hinaus fiel auf, dass der Zulassungstest nun bereits zum zweiten Mal zu einer datenschutzrechtlich nicht bewilligten Aktion missbraucht wurde. Dazu mehr in einem eigenen Beitrag.