Am Freitag, dem 5. Juli fand wieder der „Eignungstest“ für das Medizinstudium im kommenden Studienjahr statt – diesmal erstmals als einheitliches Testverfahren der drei öffentlichen medizinischen Universitäten Österreichs. Für Wien gab es 5734 Anmeldungen; eine Aufschlüsselung in die Herkunftsregionen ist auch in Zusammenhang mit den gehandhabten "Nationen-Quoten" interessant – 75% der Studienplätze gehen ja an Österreicher, 20 Prozent an EU-BürgerInnen, 5% an KandidatInnen aus Drittstaaten:
Herkunft | Anmeldungen | Plätze laut Quote | Studienplatz für (%) |
Österreich | 3550 | 555 | 15,6 |
EU* | 2038 | 148 | 7,3 |
Drittländer | 146 | 37 | 25,3 |
*91% Deutsche
Aber auch abseits von Zahlenspielen gibt es von diesem Eignungstest Interessantes zu berichten – wenn auch leider nicht im positiven Sinn. Genau die Fragentypen, wegen derer der schweizer EMS abgelöst wurde, fanden sich in diesem Test in großer Anzahl – alleine aufgrund dessen kann man getrost einen "Gender-Gap" von zumindest 10% prognostizieren. Noch schlimmer aber dann der Wissenstest, in dem sich eine völlige Planlosigkeit (des Tests oder des MCW?) offenbarte: die Fragen waren zum Teil über dem Niveau der Wiener SIP 1 – und dafür unterrichten unsere AssistentInnen immerhin ein ganzes Studienjahr...
10.643 BewerberInnen traten in Graz, Innsbruck und Wien zu diesem Auswahlverfahren an. Bislang hatte Graz einen Wissenstest durchgeführt während Wien und Innsbruck den schweizer EMS zukauften, diesen unterschiedlich auswerteten und vor dem Hintergrund von schwachen Testergebnissen weiblicher Studienwerber eben nun weitgehend das Grazer Modell – bei welchem die Frauen allerdings in gleichem Ausmaß schlechter abgeschnitten hatten wie beim EMS – übernommen.
Unter dem Namen MED-AT und wohlwollend inszenierter medialer Begeisterung fand der in Wien ablaufende Teil des Verfahrens wie schon in den Vorjahren im Messegelände statt – für Wien gab es 5734 Anmeldungen für 740 Plätze (Innsbruck: 2795/400 – mehr Deutsche als Österreicher, Graz: 2115/360).
Wurde die Organisation des MED-AT von überraschend massiven Mängeln überschattet, war es dann aber der Test selbst, der (zumindest) unter den als Aufsichtspersonal fungierenden Universitätslehrern für massive Irritationen sorgte: Der Vormittagsteil (wir beschränken uns der Einfachheit halber auf den Test für das Studium der Humanmedizin) umfasste:
- 22 (!) Aufgaben zur (virtuellen) Zusammensetzung von Formen aus dargestellten Bruchstücken. (Berechtigte) Fragen der StudienwerberInnen, ob denn die "Spielregeln" lediglich ein Verdrehen der Bruchstücke vorsehen oder ob auch ein Spiegeln erlaubt sei, konnten nicht beantwortet werden.
- eine Lernphase: zur Einprägung abgebildet waren 8 "Allergieausweise": Foto, Name, Ausweisnummer, bekannte Allergien, Wohnort, Geburtsdatum…
- 48 (!) dargestellte Zahlenreihen mit der Frage, wie denn diese Reihe logisch fortzusetzen sei
- 20 Fragen zu den davor eingeprägten Allergieausweisen. z.B. Abbildung des Fotos der betreffenden Person mit der (Multiple Choice) Frage nach dem Namen des Allergikers. oder: "welche Ausweisnummer hat der Patient der am x.x. Geburtstag hat?"
- 14 textbasierte mathematische Aufgaben
am Nachmittag dann:
- 120 Wissensfragen ("Test über das schulische Vorwissen aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik und Mathematik")
- 25 Fragen "zur Überprüfung der Lesekompetenz und des Textverständnisses"
Das Bemerkenswerte:
- die Wissensfragen (für die es keine "Lernunterlage" gab) waren über weite Strecken über dem Niveau des SIP-1 Stoffes.
- mit dem Formentest wird hier ein Element benutzt, welches (in sehr ähnlicher Form) beim EMS als "frauendiskriminierend" dargestellt wurde UND (was ja eigentlich das einzig valide Argument darstellen sollte): die Relevanz solcher Fertigkeiten für eine festzustellende ärztliche Eignung ist nicht gegeben.
- mit der praktizierten Form des Lerntests werden Fähigkeiten getestet, welche im klinischen Alltag explizit nicht angewandt werden sollten. Und inwieweit z.B. ein persönliches Unvermögen sich Gesichter zu merken einen Ausschlussgrund für den ärztlichen Beruf darstellen sollte, sei dahingestellt.
- die angewandten Fragenformate stehen in grundsätzlichem Widerspruch zu den an der MedUni Wien verwendeten/zugelassenen Fragenformaten.
Darüber hinaus fiel auf, dass der Zulassungstest nun bereits zum zweiten Mal zu einer datenschutzrechtlich nicht bewilligten Aktion missbraucht wurde. Dazu mehr in einem eigenen Beitrag.
Kommentare
Danke für diesen ausführlichen Bericht! Aber wo sind da die medial ausgiebig gefeierten Ergebnisse der "Delphi-Studie" eingeflossen?
@Gabi: Ich glaub, da ging es mehr um ein/das Orakel als um eine Studie : )
Und darum, dass man im eigenen Umfeld wieder Geld verteilen konnte...
Weiß jemand, ob der MedAT auch nächstes Jahr verwendet wird? Hab bis jetzt nur das gefunden:
http://www.medat-vorbereitung.at/medat/
Also... das kann man über unseren Blog natürlich auch anfragen, ist ok : )
Antwort: definitiv ja. Die Verordnung zum TestINHALT steht noch aus, aber allzu große Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr wird es nicht geben.
Der von Ihnen gepostete Link stellt aber keine offizielle Informationsquelle dar, das ist ein "Privater" der damit Geld verdienen will.
offizielle (und verlässliche) Infos auf http://medizinstudieren.at/ - und bei der AMM : ))
Danke für die super Info. Das sind doch eigentlich gute News : )
Aber was sich so genau nächstes Jahr ändern wird, das wisst Ihr auch noch nicht?
Auf der einen Seite (http://bit.ly/1rxFkAh) stand, dass möglicherweise ein neuer Teilbereich, die soziale Kompetenz, Teil des Aufnahmeverfahrens wird. Gibt es da schon eine verlässliche Bestätigung von Euch, oder dürft Ihr das uns eigentlich noch nicht verraten :D
Also ich sag (zu dem Thema) gerne alles, was ich weiß. Aber das unterscheidet sich ganz klar von dem, was auf den "kommerziellen" Links steht. Die wissen nichts aber versuchen etwas geschäftsförderndes zu schreiben (siehe Sozialpraktika: "Unsere Ideen diesbezüglich" - das ist in der Sache völlig irrelevant).
Also die Idee einer Bewertung der sozialen Kompetenz (namhafte Fachleute sagen, dass man dies so überhaupt nicht bewerten kann) bzw. des sozialen Engagements kursiert schon länger. Damit es umgesetzt wird, müssten sich alle beteiligten Unis darauf einigen - warten wir noch ein paar Wochen, dann wissen wir es : )
Mhm.Aber unmöglich ist es nicht, dass Praktika nächstes Jahr ein Teil des Aufnahmeverfahrens werden? So blöd würde ich die Idee mit dem Rettungspraktikum nämlich gar nicht finden.
Ein paar Wochen, so lange noch? Warum können nicht einfach alle einen Platz bekommen :/
Wie sich der MedAT entwickelt ist enorm.
Die genauen Zahlen hab ich jetzt nicht mehr im Kopf, aber jedes Jahr kommen immer um 1000 neue Studienbewerber hinzu. Bin gespannt wie es in Zukunft wird.
Nächstes Jahr, also 2017 soll die Quotenregelung wegfallen, dann wird es wenige österreichische Studentinnen/en geben.
Hier ein Tipp, wer Informationen für den MedAT sucht, findet auf XXXXXX viel Neues.
@Dominik: tut mir leid, den von Dir angegebenen (und von mir gelöschten) URL empfinden wir als Werbung - da Du zu einem Artikel aus dem Juli 2013 postest, dürfte es Dir auch mehr eben darum ghen und nicht um das aktuelle Thema...
@ Ivo
"Fragen, welche in ihrem Format den grundlegenden didaktischen Empfehlungen zur Fragengestaltung widersprechen und inhaltlich teilweise die LernZIELE des ersten Studienjahres abbilden. Ein Formentest, dessen Relevanz für eine festzustellende ärztliche Eignung nicht gegeben ist, ein Lerntest welcher Fähigkeiten testet, welche im klinischen Alltag explizit nicht angewandt werden sollten."
I'm loving it....