Der Wahlkampf für die nächste Woche stattfindenden ÖH-Wahlen befindet sich in der Schlussphase und aufmerksame Beobachter konnten da durchaus Interessantes vernehmen. Durch das Kandidieren einer neuen Studierendenliste (unabhängige Fachschaftsliste MUW – UFMUW) und dem "Wiederauftauchen" der VSSTÖ entstand ein teils lebhafter Diskurs, der einige interessante Details aufwirbelte. So z.B., dass die finanziellen Rücklagen der ÖH Medizin aktuell € 620.000.- (!!) betragen und dass zwei führende ÖMU-Vertreter als Gesellschafter eines kommerziellen Anbieters von Medizinerkursen firmieren – wofür das Wort "Unvereinbarkeit" eine sanfte Untertreibung darstellt.
Die Verstrickungen der ÖMU
Es war schon in den vergangenen Jahren aufgefallen, dass die von der Österreichischen Medizinerunion (ÖMU) entsandten Studierendenvertreter in den dafür verantwortlichen universitären Gremien mehr an PR in eigener Sache interessiert waren als an konkreten Lehrthemen und –Initiativen. Bestes Beispiel: die Befürwortung der Einführung eines Klinisch-Praktischen Jahres (im Gleichschritt mit der Curriculumdirektion, die sich quasi im Gegenzug nicht entblödete, als Statist in einem ÖMU-Wahlwerbevideo aufzutreten) ohne dass irgendein Konzept für die entsprechende Umsetzung vorgelegen wäre. Die Konsequenzen sind teils bekannt ("Auslagerung" eines kompletten Jahrgangs), teils verschwiegen (fehlende Qualitätskontrollen) und fallen natürlich auf die verantwortlichen Studierendenvertreter zurück (interessanter Weise noch mehr als auf die Curriculumdirektion und die Curriculumkommission).
Böse Zungen erklärten das geradezu demonstrative Desinteresse der Studierendenvertretung an einer Verbesserung der universitären Lehre damit, dass eine offensichtliche und enge Geschäftsbeziehung zwischen der ÖMU und einem kommerziellen Anbieter von (nicht nur) medizinischer Lehre besteht - dem Institut für Studentennachhilfe (IFS), welches praktisch auf allen ÖMU-Aussendungen massiv beworben wird. Ein problematisches Szenario, wenn eine Studierendenvertretung indirekt davon profitiert, dass die universitäre Lehre schlecht ist? Immerhin aber finanziell lukrativ – der Wahlkampf machte publik dass die finanziellen Rücklagen der ÖH Medizin aktuell € 620.000.- betragen!
Aber man muss es ja auch nicht beim indirekten Profit belassen, und – tatsächlich - es kommt noch besser: es existiert ein sogenanntes "Medizinisches Aus- und Weiterbildungszentrum Wien" (www.mawz.at), welches kostenpflichtige Kurse "für Jungmediziner in Ausbildung" anbietet – Werbeplakate finden sich im Hörsaalzentrum des AKH zur Genüge. Medieninhaber: DocSolution OG. Die beiden Gesellschafter: Philipp Wimmer und Michael Schütz, beides hochrangige ÖMU Vertreter…
Diskussion der SpitzenkandidatInnen
Vergangene Woche fand im Hörsaal 3 des AKH eine Diskussion zwischen den SpitzenkandidatInnen der ÖH-Wahl statt. Ernsthaft und vorbereitet zeigten sich die VertreterInnen von ÖMU (Abelina Zimba), VSSTÖ (Mirijam Müller) und UFMUW (Frederic Tömböl), während die KandidatInnen von JULI, GRAS und dem Kommunistischen Studentenverband eher eine (meist meinungs- und hilflose) Nebenrolle spielten.
Der etwa halbvolle Hörsaal hätte sich durchaus eine größere Zahl an Zuhörern verdient, denn zu manchen Lehrthemen wurden interessante Standpunkte geäußert: ein Bekenntnis zur qualitätsvollen Ausbildung und zu Block- statt Jahresprüfungen war da vor allem von Seiten der UFMUW zu hören, Weiterentwicklung von Lehre und e-Learningmodellen, Einführung von Wahlmodulen im Studium - während sich die – in der Diskussion weitgehend farblose – ÖMU-Vertreterin darauf beschränkte die Ungerechtigkeit des immanenten Prüfungscharakters anzuprangern und Überlegungen anstellte, wie man diesen am besten überhaupt abschaffen könne.
Kommentare
Das ist wirklich heftig! Allerdings sollte man nicht nur das Desinteresse der ÖMU-Vertreter an einer Verbesserung der Lehrsituation hervorheben, sondern auch die Spielchen zur Förderung der eigenen Karrieren. Dass die sogenannten Studentenvertreter auch nach Abschluss ihres Studiums weiterhin in den universitären Gremien sitzen und dort dann UniRat und Rektorat wählen. Und damit sie dort richtig wählen sind sie gleichzeitig als "Assistenzarzt" angestellt, bei Pollak und Co, und wenn Ihnen das Spielchen auf der Studentenseite langweili wird, dann wechseln sie flugs das Mäntelchen und machen auf "Mittelbau".
Dieter, dem ist (fast) nichts hinzuzufügen. Außer dass in der Garderobe bisweilen auch noch ein Ärztekammer-Mäntelchen hängt...
Lieber Herr Prof. Volf,
ich möchte folgende Punkte bezüglich der finanziellen Situation klarstellen:
1. Die ÖMU stellt aus KEINEN Werbeverträgen oder sonstigen Einnahmnen der ÖH Geld zur Verfügung!
2. Rücklagen der ÖH sind kein Grund sich zu schämen, vergleichbar mit einer privaten Altersvorsorge - angespart im Laufe der Jahre seit bestehen der ÖH Med (2004) zum Großteil aus den gesetzlich vorgeschriebenen Studierendenbeiträgen (Diese machen nur einen Bruchteil sonst üblicher Kammerbeiträge aus). Werbeeinnahmen (Drittmittel) machen bei der ÖH nur einen vernachlässigbar gerinen Anteil aus, dafür werden wir ironischer Weise sogar ab und zu von der Opposition gerügt.
Wir sind für alle Vorschläge zur sinnvollen Verwendung dieser Mittel (Rücklagen) offen - müssen jedoch immer bedenken, dass diese entsprechende der Richtlinien der Kontrollkommission eingesetzt werden müssen (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Studierendenrelevant). Das Geld ist nicht verloren, wie es an einer anderen großen ÖH einer Wiener Universität passiert ist.
3. Die ÖMU als privater Verein wird allerdings von keinen öffentlichen Förderungen oder Pflichtbeiträgen unterstützt und ist daher von Sponsoren abhängig (Spenden gibt es leider keine). Dass Firmen, die studierendennahe Produkte zu bewerben haben, besonders interessiert sind liegt an der Hand.
Schön zu hören, dass es auch Studentenlisten gibt, die sich zu qualitätsvoller Lehre und einem vernünftigen Prüfungswesen bekennen! Der Charakter der SIP als Jahresprüfung ist ist ja wirklich nur ein Teilproblem, worum es geht ist, dass du als fachkompetenter Studierender zwar den Stoff beherrschst, aber die Prüfung nicht schaffst. Lernst du stupide die Fragen schaffst du die Prüfung, hast aber keine Ahnung vom Stoff. Der Begriff "Lehre" umfasst meiner Ansicht nach auch das Prüfungswesen. Und insofern ist die Lehre an der MedUni Wien nicht nur schlecht, sondern schlicht eine Katastrophe!
Lieber Harald,
es stimmt natürlich, dass bei 8000 Studierenden mit der Zeit einiges an ÖH-Beiträgen "zusammenkommt". Das ist auch nichts schlechtes und ich habe auch nicht behauptet, dass Geld von der ÖMU zur ÖH fließt (warum sollte es auch). Aber es sind die gleichen Personen, die mit der gleichen "Bildungsholding" Verträge abschließen - einmal als ÖMU, dann als ÖH. Und auf beiden Seiten haben wir einen klassischen Interessenskonflikt wenn die "Bildungsholding" ihr Geld letztlich an den Lehrmängeln der MedUni Wien verdient, und die Studierendenvertreter aus meiner Sicht (und man kann mir wirklich nicht vorwerfen, da keinen Einblick zu haben) NICHTS tun, um eben diese Lehre zu verbessern.
DA könnte man auch einen Teil der Rücklagen investieren: Förderung von innovativen Projekten die in das Curriculum integriert werden sollen.
Wir haben so viele Möglichkeiten, das Curriculum zu verbessern - und jede Menge Lehrende, die ihren Idealismus noch behalten haben...
aber den haben Sie zum Glück auch, sonst hätten Sie keine so lange Replik geschrieben!
Also Danke und vielleicht können wir das einmal persönlich (weiter) besprechen!
voller Erdrutsch bei den ÖH-Wahlen, die neuen Mehrheitsverhältnisse werden der ganzen MedUni gut tun!
Ich finde es erschreckend, dass ein solcher Lobbyismus auf Hochschulebene überhaupt existieren kann, an einem Ort, an dem es um Lehre, Vermittlung von bestem Wissen und Vorantreibung von Wissenschaft, und eben nicht um Politik und Vetternwirtschaft gehen sollte.
Als aber noch viel erschreckender empfinde ich die Tatsache, dass es tatsächlich Vertreter aus den Reihen der Studenten gibt, die solche Machtspielchen zum reinen Eigennutzen betreiben. Die ihren KOMMILITONEN wissentlich und willentlich von besserer Lehre und sonstigen Illusionen vorschwafeln, und in Wirklichkeit nichts anderes als die eigene Karriere im Blick haben. Wo da noch Würde und Menschlichkeit bleiben, ist für mich fraglich. Und sowas wird dann mal "Arzt"!