Seit knapp über zwei Wochen erfreut sich die MedUni Wien bzw. die anstehende Rektorswahl eines ungewohnt großen medialen Interesses. Eine nicht aufrufbare Wahlordnung, eine angeblich nicht im Mitteilungsblatt veröffentlichte Ausschreibung der Rektorswahl führten schnell zu Schlagzeilen von bestehenden Rechtswidrigkeiten im Verfahren. Die mögliche Folge von erkannten Rechtswidrigkeiten wäre eine Aufhebung der getroffenen Entscheidung(en) durch den Wissenschaftsminister – eine nicht nur angesichts des Fristenlaufs schwerwiegende Konsequenz.
Wir fassen die vorliegenden Vorwürfe zusammen und beleuchten die Hintergründe

Gehaltslose Vorwürfe

Da der Standard nicht imstande war, den Ausschreibungstext zur Rektorswahl in den auf der MUW-Homepage veröffentlichten Mitteilungsblättern zu finden, wurde Jurist Heinz Mayer zu eben diesem Sachverhalt befragt und erklärte eine Nichtveröffentlichung des Ausschreibungstextes im Mitteilungsblatt als rechtswidrig. Allerdings: die MedUni hatte diese Ausschreibung sehr wohl veröffentlicht – so wie alle offenen Stellen im Personalmitteilungsblatt, daraus wird sich kein Verfahrensmangel herleiten lassen.
Ebenso ist die für einige Tage angeblich nicht abrufbare Wahlordnung ein für das Verfahren irrelevantes Detail.

weitere Vorwürfe

Die weiteren Vorwürfe sind da schon interessanter:
Zum Hearing wurden statt wie in der Wahlordnung festgeschrieben "maximal 8" BewerberInnen derer 10 eingeladen: 10 ist mehr als 8, das lässt sich schwer wegdiskutieren.
Wie Heinz Mayer festhielt, muss der Wissenschaftsminister im Falle von schwerwiegenden Verletzungen von Verfahrensvorschriften die getroffene Entscheidung nur dann aufheben, "wenn das Organ bei deren Einhaltung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können" (§ 45 Absatz 3 UG02).
Nun scheint es auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar, warum eine Erhöhung der Anzahl derer, die zum Hearing eingeladen werden, das Ergebnis anfechtbar macht – zumal man ja im Grunde nicht weiß, wen man als Neunten bzw. Zehnten eingeladen hat. - Genau hier hakt der Standard in seinem jüngsten Artikel ein und engt mit den publizierten Detailinformationen den Kreis seiner InformantInnen stark ein: Schmidt hätte vom Senat im Rahmen der Abstimmung wer zum Hearing eingeladen werde lediglich 3 Stimmen bekommen und wurde somit erst nachträglich (also Position 9/10) nominiert. Klar, dass dies das Endresultat beeinflusst – wäre Schmidt nicht zum Hearing eingeladen worden, hätte er es auch nicht in den Dreiervorschlag geschafft. Also vor dem Hintergrund dieser Argumentation eine schwerwiegende Verletzung der Verfahrensvorschriften? Wohl nicht: die Informationen des Standard beruhen zwar auf Insiderwissen, allerdings geht es diesem Insider offenbar weniger um Verfahrensgerechtigkeit, als darum, dieses Verfahren anzupatzen und in der Folge neu aufzurollen.
Faktum ist: Der Senat hatte WunschkandidatInnen, welche er zum Hearing einladen wollte, nur: die Personen, welche zum Hearing eingeladen werden, sind von der Findungskommission zu nominieren, also NICHT vom Senat. Insofern gab es keine Reihung und es ist nicht bestimmbar, wer 9./10. Kandidat war: Der Vorsitzende des Senats versuchte die Senatswünsche einzubringen, der Vorsitzende des Unirats tat gleiches für sein Gremium und am Ende des Tages einigte man sich auf 10 Namen…..

Fristversäumnis

Der Senat hat den Dreiervorschlag für die Wahl des Rektors am Freitag, den 24. April gefasst, es ist anzunehmen dass er noch an eben diesem Tag auch dem UniRat übermittelt wurde.
WENN dies der Fall war, dann liegt der nun vom UniRat für den 26. Mai angesetzte neue Wahltermin tatsächlich nicht innerhalb der gesetzlich geforderten vier Wochen ab "Vorlage des Vorschlags" - die Argumentation, dass man diese 4 Wochen ab dem Termin der Zustimmung des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen rechnet, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen

Konsequenzen

Eine fatale Optik und viel schlechte Presse um ein Verfahren, welches um Eckhäuser "sauberer" abgelaufen ist, als ich dies in so manchem Berufungsverfahren erlebt habe - das ist aber eine relative Beurteilung.
Am trefflichsten streiten lässt sich wohl über die wundersame Vermehrung der Hearings-TeilnehmerInnen, nüchtern betrachtet ist der einzig relevante Vorwurf eines "schwerwiegenden Verfahrensfehlers" derjenige der Fristversäumnis und es ist tatsächlich nicht nachvollziehbar wieso der UniRat hier derartige Angriffsflächen bietet.
Es scheint unwahrscheinlich, dass der Wissenschaftsminister hier tatsächlich aufgrund der Fristversäumnis einschreitet und eine Ersatzvornahme vornimmt. Und wenn doch? Dann kann man davon ausgehen dass er die zu treffende Entscheidung erst nach "Rücksprache" trifft….
Insofern wäre unserer Universität mehr geholfen, wenn die Planungen um den Bau des Privatspitals auf AKH-Gelände ein ähnliches Medienecho auslösen würden wie die Wahl des neuen Rektors.