Im Burgenland gibt es keine Abteilung für Dermatologie, an der Turnusärzte die verpflichtenden zwei Monate Dermatologie-Ausbildung absolvieren können. Bis dato rotierten sie dafür ins nahegelegene AKH Wien. Seit kurzem jedoch nicht mehr: Denn die KRAGES (Burgenländische Krankenanstalten Gesellschaft mbH) und das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Eisenstadt haben eine neue, im vergangenen Jahr vorgeschlagene Überlassungsvereinbarung nicht unterzeichnet. Mathias Resinger, stellvertretender Obmann der Kurie Angestellte Ärzte in der Ärztekammer Burgenland und Primar der Chirurgischen Abteilung am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Eisenstadt, bezeichnet diese Überlassungsvereinbarung als „unzumutbare neue Vertragsmodalität“ und die Ausbildungssituation im AKH selbst als „unbefriedigend“.
Wie es so weit kommen konnte? Dass es mit der Ausbildung während der Zeit im Turnus nicht zum Besten bestellt ist, ist spätestens seit den ersten Ergebnissen der Turnusärzte-Evaluierung nicht mehr von der Hand zu weisen. Demnach verbringen Turnusärzte nahezu die Hälfte ihrer Tagesarbeitszeit damit, Zettel zu sortieren und von A nach B zu tragen, Befunde zu übertragen oder Termine zu vereinbaren. Dass das keineswegs übertrieben oder fiktiv ist, weiß Turnusärztin Michaela Zalka, Obmann-Stellvertreterin der Kurie Angestellte Ärzte in der Ärztekammer Burgenland, aus eigener Erfahrung. Auch sie hat ins AKH rotiert, um ihren Turnus auf der dermatologischen Abteilung zu machen – und kann nicht viel Gutes darüber berichten.

Blutabnahme statt Visite?

In den beiden Monaten ist der Turnusarzt zunächst ein Monat in der Ambulanz und im zweiten Monat auf der Station eingesetzt. Besonders dort sei man Systemerhalter, schildert Zalka: „Es ist ja noch in Ordnung, dass man in der Früh Blut abnimmt und Fläschchen anhängt. Überhaupt nicht in Ordnung ist aber, dass man andere Stationen zusätzlich betreuen muss, wenn dort kein Systemerhalter oder Turnusarzt anwesend ist.“ Oft habe sie dadurch keine Möglichkeit gehabt, etwa an der Visite teilzunehmen. Wenn dann aber doch einmal Zeit dafür war, war man als burgenländischer Turnusarzt auf verlorenem Posten: „Die Professoren haben sich mehr um die Studenten gekümmert, was ja an sich gut ist. Bei ihnen haben sie aber vor allem die schlechten Evaluierungen gefürchtet. Das wurde auch offen so gesagt.“ Waren bei der Visite Studenten anwesend, wurde viel erklärt – wenn nicht, waren das Bemühen und die Bereitschaft seitens der Professoren viel geringer, wie Zalka erzählt. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Turnusärzte aus dem Burgenland im AKH generell „nicht besonders geschätzt“ wurden. Dennoch ist es ihr wichtig, nicht alle über einen Kamm zu scheren: „Vereinzelt gab es auch Professoren, die sehr bemüht waren. Aber im Großen und Ganzen war es eine Farce.“
Ein Einzelfall? Keineswegs, sagt Zalka: „Das ist schon Jahre vor mir so gewesen und wäre auch noch Jahre so weitergegangen.“ Wenn die KRAGES und die Barmherzigen Brüder nicht die Reißleine gezogen und die Kooperation aufgelöst hätten. Als Draufgabe zur unbefriedigenden Ausbildungssituation im Bereich Dermatologie sollten nämlich laut einem Entwurf einer neuen Überlassungsvereinbarung mit der Medizinischen Universität Wien die Modalitäten für alle sogenannten „Überlassenen“ am AKH geändert werden. Demnach wären die überlassenen Ärzte künftig etwa dazu verpflichtet, Journal- und Rufbereitschaftsdienste sowie Mehr- und Überstundenarbeit bis zum zulässigen Höchstausmaß zu leisten – falls das vom AKH angeordnet wird. Pikanterweise erfolgt die Bezahlung der Turnusärzte durch das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder beziehungsweise die KRAGES – für das AKH seien sie somit quasi unbezahlte Arbeitskräfte, wie Zalka sagt: „Man hätte uns damit zu 72 Stunden Dienst heranziehen können. So hätten wir keinen Dienst mehr in den eigenen Häusern machen können.“ Bislang hatten die Turnusärzte nur 40 Stunden Dienst am AKH und den Rest der Zeit in ihren jeweiligen Häusern geleistet. „Das war der Knackpunkt, wieso wir gesagt haben: ‚Das unterschreiben wir nicht‘“, so Resinger. Und er fügt hinzu: „Nachdem unsere Turnusärzte sowieso gesagt haben, dass die Ausbildung am AKH nicht besonders gut ist, war das ganz sicher kein Fehler.“
So hat man sich um eine andere Lösung bemüht. Für die Turnusärzte der KRAGES hat sich lediglich das Krankenhaus geändert, an das sie rotieren: Die Ausbildung erfolgt nun in Zusammenarbeit mit einem anderen großen Rechtsträger, wie von der Pressestelle und der Personaldirektion der KRAGES auf Anfrage der ÖÄZ zu erfahren war. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt wiederum hat man eine Möglichkeit der Ausbildung vor Ort geschaffen. Resinger dazu: „Wir haben mit unserem Konsiliarfacharzt, der auch eine Lehrpraxis in Eisenstadt innehat, ein Konzept erstellt. Es wurde in der letzten Sitzung der Ausbildungskommission der Ärztekammer vorgestellt und auch genehmigt.“ Die Turnusärzte können nun im Krankenhaus gemeinsam mit dem Konsiliarfacharzt die Ausbildung absolvieren. Sein Fazit: „Wir haben mittlerweile eine Kollegin, die die Ausbildung in Eisenstadt bereits absolviert hat. Sie ist davon überzeugt, dass diese Lösung um vieles besser ist und sie auch viel mehr profitiert hat.“
Auf die Interview-Anfrage zu den Vorwürfen bezüglich der Ausbildung auf der Dermatologie und zur geplanten, neuen Überlassungsvereinbarung beim Rektor der Medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Wolfgang Schütz, haben wir von der Pressestelle des Rektorats schriftlich folgende Stellungnahme erhalten: „Die MedUni Wien schließt derzeit Überlassungsvereinbarungen mit verschiedenen Krankenanstalten (darunter ist auch die KRAGES) ab, um den Turnusärzten aus diesen Krankenanstalten zu ermöglichen, an die Universitätskliniken im AKH Wien zu rotieren. Diese Überlassungsvereinbarung ist juristisch nötig, um eine wichtige haftungsrechtliche Lücke zu schließen. In der Vereinbarung sind alle rechtlich relevanten Punkte geregelt - analog zum sonstigen ärztlichen Personal an den Universitätskliniken, das bei der MedUni Wien beschäftigt ist. Mit der KRAGES wird dieser Vertrag derzeit verhandelt - von einer Beendigung der Zusammenarbeit wissen wir nichts.“

Originalbeitrag in: Österreichische Ärztezeitung