Wie schon im Vorjahr, so wurde auch heuer der Zulassungstest für das Studium der Humanmedizin in Wien zu einer (zumindest) datenschutzrechtlich unzulässigen Aktion missbraucht. Wurden im Vorjahr die StudienwerberInnen per Mail befragt ob Sie sich denn vorstellen könnten, auch auf einer Privatuniversität zu studieren, wurde es heuer noch ein Stückchen frecher:
Nach dem regulären MED-AT Test wurde "im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung" ein Fragebogen zur "Empathie in der Arzt-Patienten-Beziehung" ausgeteilt. Diese Befragung war von der Datenschutzkommission nicht bewilligt; darüber hinaus wurde (versucht) die bei solchen Befragungen zu gewährleistende (und auf dem Formular zugesicherte) Anonymität der TeilnehmerInnen dieser Befragung in einer beispiellosen Art und Weise (zu) unterlaufen: während auf dem Fragebogen angeführt ist, dass die Angabe der Sitzplatznummer (die wiederum mit der betreffenden Identität verknüpft ist) freiwillig sei, lautete der gleichzeitig über Lautsprecher durchgesagte Text: "Wir ersuchen Sie um Bearbeitung des Fragebogens und Angabe der Sitzplatznummer. Die Teilnahme (!) an dieser Befragung beruht auf Freiwilligkeit."
Aber auch abseits semantischer Feinheiten ist anzumerken, dass die einzelnen Befragungsbögen fortlaufend nummeriert (!!) waren, womit die Geschichte nordkoreanische Dimensionen erreicht. Dass – nach der Angabemöglichkeit der Sitzplatznummer – diese auch noch in maschinenlesbarer Form abgefragt wurde, passt hier gut ins schlechte Bild.

der Fragebogen im Original

Der Fragebogen stellt die Übersetzung eines Empathie-Tests des Jefferson Medical College dar; die im Rahmen des MED-AT missbrauchte Version haben wir hier verlinkt. Was – insbesonders im Vergleich mit dem Original - auffällt:

  • Der Original-Test wurde für andere Zielgruppen geschaffen. Wer (weil StudienwerberIn) selbst noch keine Anamnese durchgeführt hat (oder das Wort nicht kennt) wird nur schwer die Bedeutung der Gefühle der PatientInnen in diesem Zusammenhang bewerten können.
  • Im Unterschied zum Original bedient sich die deutsche "Übersetzung" tendenziöser Praktiken. Kritische Worte wurden hier sperrig gedruckt, den TestteilnehmerInnen damit eine Wunschantwort suggeriert.

also wozu?

Das nachhaltige Bestreben, die Anonymität der TestteilnehmerInnen auszuhebeln hat ein Ziel: eine Verknüpfung der Ergebnisse des Empathie-Tests mit denen des MED-AT. Da weder aus vernünftigen Gründen noch aus dem Wesen des Med-AT her angenommen werden kann, dass "Studieneignung" sich parallel zur Empathie ergibt – andererseits die suggestive Umformung des Originaltests ein generell "Empathie-freundliches" Ergebnis erwarten lässt, wäre das zu erwartende Ergebnis wie folgt zu formulieren:

  • Zahlreiche empathische StudienwerberInnen bekommen keinen Studienplatz
  • MED-AT sagt nichts über Empathie aus

- soweit wenig überraschend. Fordern "wir" vor diesem Hintergrund dann ein weiteres Testverfahren mit dem sich dann nach Herzenslust alle (von der AMM jetzt schon prognostizierten) "Ungerechtigkeiten" des MED-AT zurechtrücken lassen anstatt endlich einen aussagekräftigen und validen Test zu schaffen?
Oder soll man nicht eine Strategie hinterfragen, sondern sich mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner begnügen - schlichter Dummheit?