Nachstehend möchten wir ein (wirklich) originelles Posting eines oberösterreichischen Spitalsartzes zur Arbeits- und Vertragssituation der Spitalsärzte wiedergeben

Hier eine Anleitung, wie man hoch qualifizierte und anfangs sehr motivierte Arbeitnehmer ausnutzen kann: So sparen Sie richtig viel Kohle und bekommen beste Qualität ums kleine Geld. Wir verraten Ihnen, wie das geht.

Sie stellen also einen Handwerker ein. Zuallererst klären Sie die Arbeitsmodalitäten. Sagen Sie ihm, er fängt heute um 7 Uhr zu arbeiten an, es gibt bis 23 Uhr keine Pause, danach darf er sich vielleicht einmal für 5 Minuten kurz ausruhen, ein Glas Wasser trinken und schnell das kalte Abendessen, das um 19 Uhr frisch und warm war, hinunterschlingen. Nach weiterer intensiver Arbeit und ständigen Anfragen der Gehilfen sollten Sie nicht ungnädig sein. Gönnen Sie ihm von 2:30 bis 3:30 Uhr ein kleines Nickerchen, sofern es die Kundenbetreuung überhaupt erlaubt.
Dann aber wieder rasch zurück an die Arbeit, möglichst frisch bis in die Morgenstunden hinein. Es könnte ja auch etwas schiefgehen, wenn man so lange am Stück arbeiten muss und unkonzentrierter wird. Zum Glück verzeihen einem die Kunden sehr leicht jegliche Fehler. Es geht hier ja schließlich nur um simple Beratung und Reparaturen und nicht um echte Menschenleben und bleibende Schäden!

Am nächsten Tag darf er dann endlich, so Gott und Sie als Arbeitgeber wollen, um 12 Uhr nach Hause. Die Arbeitsstunden von gestern ab 15 Uhr bis heute 7 Uhr heute zahlen Sie ihm pauschal mit insgesamt 60 Euro netto aus, da diese außerhalb seiner Kernarbeitszeit liegen. Sagen Sie.
Da er ja allerdings nach dem Dienst nicht wie sonst üblicherweise bis 15 Uhr geblieben ist, ziehen Sie ihm sofort noch drei Stunden seiner Arbeitszeit wieder ab, weil er in der Kernarbeitszeit 3 Stunden zu wenig da war! Die 16 Stunden, die er über Nacht gearbeitet hat, fallen hier nicht ins Gewicht und sind schließlich auch nicht Grundlage Ihrer Wochenstundenberechnung.

Früher konnten Sie Ihren Handwerker am nächsten Tag sogar bis 17 Uhr weiterarbeiten lassen, allerdings wurde Ihnen das von Ihrem Vorgesetzten abgedreht, weswegen Sie Ihren Handwerker nun bereits um 12 Uhr heimlassen dürfen. Hatte da jemand vielleicht ein Herz für Handwerker oder ist man Ihnen auf die Schliche gekommen und hat festgestellt, dass Handwerker nach 12 Uhr des Folgetages vielleicht zu viele Fehler produzieren und es für Sie evtl. billiger sei, wenn Sie hier auf die weiteren 3 bis 4 Stunden pfeifen? Naja, es ist halb so schlimm, denn wie Sie nun im Weiteren erfahren, gibt es ja eine gute Möglichkeit, wie man sich diese fehlende Arbeitsleistung dann doch noch über Umwege sichern kann. Sollte Ihr Handwerker nämlich vielleicht schon sogar um 8 Uhr morgens das Bedürfnis verspürt haben heimzugehen, weil die Nacht dann doch etwas anstrengender war, dann ist das für Sie doppelt gut. Dann sind es nämlich nicht mehr 3, sondern satte 7 Minusstunden, die er zu wenig da war. Hier dürfen Sie sich als Arbeitgeber ganz besonders freuen: Diese Stunden können Sie ihm nämlich getrost und ohne sein aktives Einverständnis einfach von seinem Urlaubskonto oder vom Zeitausgleich abziehen. So bleibt Ihnen seine billige, hochqualifizierte Arbeitskraft noch länger erhalten und er muss nicht mehr so lange in einen sowieso nicht wohlverdienten Urlaub gehen. Er kann sich in seiner spärlichen Freizeit, die oft gespickt ist mit verpflichtenden Aus- und Fortbildungen, ja sowieso genügend ausrasten.

Für Sie als Arbeitgeber und für den Gesetzgeber besteht kein Handlungsbedarf, Ihren Handwerker zu schonen. Arbeitnehmerschutz muss für Sie als Arbeitgeber ein Fremdwort bleiben! Darauf haben schließlich nur alle anderen Berufsgruppen Anspruch.
Seien Sie hier auch beruhigt, Ihr Handwerker verrichtet seinen Job doch gerne, auch unter solchen Arbeitsbedingungen. Er wird sich deswegen schon nicht beschweren oder etwa streiken. Und vermeiden Sie jede Diskussion. Es wäre nur lästig, wenn man sich mit diesem Thema auseinandersetzen müsste. Und sollte es einmal zu Forderungen kommen, dann sitzen Sie etwaige Situationen einfach ruhig und gelassen aus!
Nun aber zurück zu Ihrem Handwerker nach seiner 30-Stunden-Schicht. Bei seiner Heimfahrt darf natürlich nichts passieren. Es wäre ja schon während der Arbeit dumm genug gewesen, wenn aufgrund fehlender Pausen und Übermüdung etwas schief gegangen wäre. Zum Glück geht es hier nicht um Menschenleben…

Es wäre auch blöd, wenn die Polizei Ihren Handwerker nach einem 30-Stunden-Dienst am Nachhauseweg aufhielte und einen Reaktionstest machen würde, das könnte problematisch werden, der agiert wie ein Betrunkener, Führerscheinabnahme! Doch Halt! Das darf Ihnen als Arbeitgeber egal sein. Der Handwerker muss ja schließlich selbst wissen, wie er nach Hause kommt und ob er noch fahrtauglich ist. Es kann Ihnen auch egal sein, wie lange Ihr Handwerker nach seiner Arbeit noch unterwegs ist. Ihr Handwerker ist ja schließlich kein Lkw- oder Busfahrer.
Denken Sie immer daran: Wäre Ihr Handwerker ein Busfahrer, dann dürfte er täglich maximal 9 Stunden fahren und müsste nach 4,5 Stunden mindestens 45 Minuten Pause machen. Bei denen geht es ja um echte Verantwortung, nicht bei Ihrem Handwerker. Welch ein Glück: Ihren Handwerker dürfen Sie im Notfall sogar bis zu 49 Stunden am Stück schinden. Das ist immerhin schon um 9 bis 10,5 Stunden mehr als eine Sekretärin in einer ganzen Woche im Büro arbeitet.
Wiederholen Sie den Arbeitseinsatz Ihres Handwerkers in dieser Art. Teilen Sie ihm mit, dass dies in Zukunft noch häufiger der Fall sein wird, da derzeit akuter Personalmangel herrscht. Ihr Handwerker hat dafür sicher Verständnis. Erklären Sie Ihm auch, dass er seine Nachtarbeitsstunden nicht zur normalen Kernarbeitszeit hinzuzählen dürfe. Das würde Ihr Lohnmodell durcheinanderwerfen und außerdem würde er Ihnen bei einer realen Stundenabrechnung dann zu teuer kommen. Und das geht gar nicht!

Merken Sie sich den obersten Grundsatz: Wenn Sie Kosten sparen wollen, dann immer bei Ihrem Handwerker! Stellen Sie Ihrem Handwerker ein Bereitschaftszimmer zur Verfügung, da sich dadurch die Lohngestaltung besser rechtfertigen lässt. Erklären Sie ihm, dass er dort zu Dienstbeginn seine Sachen hinstellen und sich auch jederzeit hinlegen könne, aber nur, wenn es gerade keine Arbeit gebe. Erklären Sie Ihrem Handwerker, dass er deswegen einen so geringen Lohn bekäme, da er nach 15 Uhr eventuell von seinen Gehilfen höchstens ein- bis zweimal gebraucht werden könnte und ab 23 Uhr sowieso schliefe… Stellen Sie aber auch gleich klar, dass es eigentlich immer rund um die Uhr Arbeit gebe, besonders wenn Kundschaft kommt – und die kommt gerne jederzeit zu den Öffnungszeiten von Montag bis Sonntag von 0 bis 24 Uhr. Und auch die Stammkunden wollen ausgiebig betreut werden.
Überspannen Sie den Bogen jedoch nicht allzu sehr, sonst verabschiedet sich Ihr Handwerker irgendwann einmal in die Privatwirtschaft und arbeitet zu vertragsfreien Bedingungen in Zukunft nur mehr in seine eigene Tasche. Dann müssen Sie als Arbeitgeber einen neuen Handwerker suchen und angesichts besserer Angebote am Markt Ihrer potentiellen Neuerwerbung deutlich mehr bieten. Das könnte Ihre verbliebenen Handwerker dummerweise auf die Idee bringen, in Zukunft auch mehr Geld zu verlangen.
Und sollten Sie sich doch trotz Beachtung aller dieser nützlichen Tipps einmal in der misslichen Lage befinden, einen neuen Handwerker suchen zu müssen, dann gehen Sie wie folgt vor: Schalten Sie ein Inserat zur Suche von weiteren Handwerkern. Erläutern Sie im Jobinterview nicht, wie es wirklich aussieht, sondern preisen Sie sich als den besten und tolerantesten Arbeitgeber an. Sollte der Bewerber an Ihrer Stelle interessiert sein, lassen Sie ihn zuerst den Arbeitsvertrag unterschreiben und erklären Sie ihm danach, dass er die Stelle gerne haben könne, jedoch nur wenn er Ihnen einen zusätzlichen Vertrag unterschreibt, der Ihnen als Arbeitgeber die Option auf äußerst selten notwendige Mehrarbeitsstunden zusichert. In diesem Fall dürfen Sie natürlich nicht verraten, dass dies der Regelfall wird.

Vertrauen Sie unseren Tipps. Jeder Handwerkerker wird unter diesen optimalen Arbeitsbedingungen sicher gerne bei Ihnen arbeiten wollen und Ihnen dafür zu tiefst dankbar sein. Noch Fragen?

Per Mail von einem Spitalsarzt in OÖ, im Original hier gepostet.