Am Mittwoch, dem 15. Juni wurde die geplante TU Linz im Ministerratsvortrag vorgestellt und als "Institute of Digital Sciences Austria" beschlossen. Diese neugegründete Einrichtung – der Begriff "Universität" wurde in einigen der während der Begutachtungsfrist eingelangten Stellungnahmen vermieden oder unter Anführungszeichen gesetzt – soll bereits 2023/24 mit einem PhD-Studium den Betrieb aufnehmen. Während sich der oberösterreichische Landeshauptmann von der Finalisierung dieses im August 2020 vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündeten Projektes naturgemäß begeistert zeigt und sich in hymnischen Metaphern ergeht ("die TU für Digitalisierung wird ein neuer, hell glänzender Planet"), können die übrigen Universitäten diesem Projekt generell wenig abgewinnen.
So ortet die Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz eine "extrem einseitige Orientierung an den Bedürfnissen der oberösterreichischen Industrie und damit einhergehend eine bedrohliche Einschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre", den Senat der Linzer Johannes Kepler Uni (JKU) erfüllt "die im Konzeptpapier dargestellte Ausrichtung der neuen Universität und der auf dieser Basis illusionäre Anspruch an wissenschaftliche Exzellenz mit großer Sorge".
Auch der oberösterreichische Landesrechnungshof wundert sich, dass wesentliche Entscheidungen zur Organisation und Finanzierung "ausständig sind oder nicht offengelegt wurden".

In diversen weiteren Stellungnahmen und Aussendungen zeigt sich eine breite Ablehnung, basierend auf inhaltlichen, strukturellen und universitätspolitischen Gründen:
So wird der Bedarf für eine weitere technische Universität generell nicht gesehen und auch die geplante inhaltliche Ausrichtung wird kritisiert – in besonders scharfen Worten vom Betriebsrat des wissenschaftlichen Personals der JKU: "Digitalisierung und die Digitale Transformation sind keine eigenständigen wissenschaftlichen Fächer. Demnach ist eine rein auf dieses Thema fokussierte Universität entweder eine substanzlose Hülle oder eine Duplizierung von bestehenden Teilkompetenzen der JKU, aber auch anderer Universitäten". Das Konzept sei untauglich und öffne systematischer politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme Tür und Tor.
Weiters zeichne sich "die Tendenz zu einer weiteren Rückbildung der [universitären] Autonomie und einer Öffnung gegenüber politischem Einfluss ab, der zu einer unmittelbaren Indienstnahme für die Wirtschaft führt und der mit der Wissenschaftsfreiheit kaum vereinbar ist."
Konkret kritisiert wird, dass im Gründungskonvent Vertreter der Politik und des Landes eine Zweidrittelmehrheit haben. Auch nachfolgend wird ein rechtliches Konstrukt aufgebaut, in welchem die TU Linz nicht dem Universitätsgesetz unterliegt und die MitarbeiterInnen nicht dem für die Universitäten geltenden Kollektivvertrag.
Auch die Rechtsbeziehungen der Studierenden zur Uni sind privatrechtlicher Natur und orientieren sich an denen an Fachhochschulen und Privatunis – dessen ungeachtet sind diese per Gesetz ÖH-Mitglieder.
Für weitere Irritationen sorgt die Finanzierung der neuen Universität, welche aus Mitteln der Ministerreserve des regulären Unibudgets erfolgen wird – und dieses stellt eine Art "Notfalltopf" der bestehenden Universitäten dar. Ab Herbst 2023 sollen sich Bund und Land Oberösterreich die Finanzierung teilen.