Rektorswahl an den TUs: unschöne Konstellation

Aufgrund des Auslaufens der aktuellen Funktionsperioden ihrer RektorInnen (Sabine Seidler, Harald Kainz) suchen die beiden Technischen Universitäten in Wien und Graz derzeit neue Rektoren.
Das hierfür gesetzlich vorgesehene Verfahren haben wir schon öfters skizziert – zuletzt hier in Zusammenhang mit der Wahl des Rektors an der Universität Wien: eine Findungskommission (Senat/Unirat) erstellt einen personellen Vorschlag an den Senat, woran dieser jedoch nicht gebunden ist. Der Senat erstellt sodann einen Dreiervorschlag, aus dem (und nur aus dem) der jeweilige Unirat den Rektor bzw. die Rektorin wählt.
Doch zurück zu den Technischen Universitäten: An der TU Wien ist aktuell ein Hearing mit 8 KandidatInnen festgelegt, an der TU Graz ist noch die Findungskommission am Arbeiten.
Mitglied dieser Findungskommission: Gernot Kubin als Senatsvorsitzender, welcher sich gleichzeitig an der TU Wien beworben hatte und dort zum Hearing eingeladen ist.
Eine (mehr als nur) unschöne Konstellation…

iKV: neuer Call, ohne Lehrmodell

Mit 4. Mai startet wieder ein neuer Call für die interne Karrierevereinbarung, Bewerbungsende: 15. Juni, ausgeschrieben sind 30 Stellen.
Grund für die gegenüber den vergangenen Jahren deutlich verspätete Ausschreibung ist die (an sich lobenswerte) Absicht, hier erstmals auch ein "Karrieremodell Lehre" zu integrieren.
Dass es dennoch nicht gelang, die Eckpunkte für eine solche Ausschreibung im Bereich der Lehre rechtzeitig festzusetzen, ist – wenn man es sehr höflich formulieren möchte - befremdlich.
Der lapidaren Mitteilung: "Ein gesonderter Call für IKV Lehre ist in Bearbeitung" begegnet man wahrscheinlich am Besten ohne weitere Kommentare mit dem nachfolgend wiedergegebenen Passus aus der 2017 (sic!) abgegebenen Stellungnahme des Senats zum Entwicklungsplan:

In Zusammenhang mit der seit Jahren überfälligen Etablierung von Karrieremodellen im Bereich der Lehre müssen wir darauf verweisen, dass sich diese Absichtserklärung bereits in den Entwicklungsplänen aus den Jahren 2012 und 2015 findet. Diese Modelle sind nach wie vor nicht umgesetzt. Sollte das im Entwurf des Entwicklungsplans genannte Ziel zur Etablierung solcher Modelle tatsächlich angestrebt werden, ersuchen wir um Aufnahme eines konkreten (und kurzfristigen) Umsetzungstermins, andernfalls um Klarstellung, dass es in diesem Bereich keine Karrieremöglichkeit geben soll/wird.

Klausurtagung Rektorat & Senat: Volf zu Karrieremodellen und Gehaltsproblematik

Am 21. und 22. April 2022 fand in Laa an der Thaya eine gemeinsame Klausurtagung von Senat und Rektorat statt.
Eine Übersicht über das Gesamtprogramm ist untenstehend abgebildet, hier erfolgt eine Zusammenfassung des Impulsreferates "Karrierewege und Gehaltsstruktur" (Ivo Volf)

Volf verweist einleitend auf die Karrierewege des "etablierten Mitelbaus" in den letzten Jahren:

  • Habilitation
  • Qualifizierungsvereinbarung (QV)
  • Entwicklungsvereinbarung (EV)
  • interne Karrierevereinbarung (iKV)

War mit der Habilitation früher eine arbeitsrechtliche Konsequenz (Definitivstellung) verbunden, so ist dies seit über 20 Jahren nicht mehr der Fall und es gibt keinen Automatismus, in dem exzellente Leistungen – egal welcher Qualitätsstufe – eine Konsequenz auf den Dienstvertrag haben. Um den WissenschafterInnen dennoch eine universitäre Perspektive zu geben und diese damit an der Universität zu halten, wurde in der Folge die QV als inneruniversitäres Instrument geschaffen (kein automatischer Konnex mit Leistung, die QV muss den WissenschafterInnen angeboten werden und die vereinbarten Punkte in der Folge erfüllt. Konsequenz: höheres Gehalt bei Vergabe der QV, höheres Gehalt bei Erfüllung der QV und unbefristeter Dienstsvertrag).
Nachdem die QV (unter diesem Titel) in das UG aufgenommen wurde, schuf die MedUni Wien als Nachfolgeinstrument die EV (Anmerkung: das stellte eine beschämende Umgehungskonstruktion dar, um zu verhindern, dass der "qualifizierte" Mittelbau in die Professorenkurie aufsteigt – dies ist auf der AMM-Homepage detailliert nachzulesen): im Grunde gleiche Spielregeln, gleiches Gehalt wie bei der QV.
Grundsätzliches Problem war hier der sehr deutliche Gehaltsunterschied zwischen klinisch und nicht klinisch tätigen MitarbeiterInnen, welcher speziell für Mediziner den nicht-klinischen Bereich deutlich unattraktiver machte (und damit die dortige Personalstruktur beeinflusste).
Aber um es klar zu machen: es handelte sich hier nicht um eine Diskrepanz Mediziner / Nichtmediziner, sondern um eine Diskrepanz zwischen klinischer und nicht klinischer Verwendung.
Aber kurz von der Gehaltsproblematik zurück zum Karrieremodell:
Nachdem das Ministerium die MedUni Wien – Eigenmarke EV als rechtswidrig erkannt hatte, wurde die iKV als (nun angepasstes) Umgehungsinstrument geschaffen.
Und hier reagierte der Rektor auf die evidenten Attraktivitätsprobleme und stellte im Rahmen der iKV die klinischen und nicht-klinischen Gehälter gleich.
Als Fluch der grundsätzlich guten Tat eröffnete sich jedoch nun ein anderes Problem: die WissenschafterInnen mit bestehender (erfüllter) QV/EV waren jetzt mit der Tatsache konfrontiert, dass sie – als "ältere und erfahrenere" WissenschafterInnen nun deutlich weniger Gehalt bekamen als die "jungen" iKVs – also Personen, die teilweise von den QVs/EVs betreut, entwickelt und gefördert wurden.
Anhand aktueller Gehaltstabellen kann die Dimension dieses bestehenden Gehaltsunterschiedes zwischen € 2150.- und € 2480.- brutto pro Monat beziffert werden.
Der Rektor hat das Problem erkannt und mehrfach betont, dass er eine Angleichung als notwendig und gerecht erachtet. Bislang erfolgte eine Überzahlung nach positiver 6-Jahresevaluation, was jedoch bei weitem nicht die (mehr als) 2000.- pro Monat ausmacht (und, n.b., auch davon abgesehen ein sechsjähriges Festschreiben der bestehenden Ungleichbehandlung ist).
Insofern betont Volf nochmals die Notwendigkeit einer vollständigen Gehaltsangleichung und ersucht den Rektor nochmals um Lösung dieses evidenten Problems.

Neben diesem vordringlichen Problem sieht Volf die anstehenden Aufgaben wie folgt:

  • Mittelfristig Schaffung einer Karriereperspektive für die iKV (ev. über §99/5)
  • Frauenförderung
  • Verträge zur Sicherstellung des einkommensabhängigen Kinderbereuungsgeldes bei Schwangerschaft
  • mehr Kindergartenplätze / Kinderbetreuung
  • mehr Flexibilität bei Reduktion der Wochenarbeitszeit
  • Karrieremodell Lehre
    • Mobilität (Erasmus Lehre): Möglichkeit völlig unbekannt, muss kommuniziert und gefördert werden
    • Anzahl betreuter Diplomarbeiten: kein Parameter für ein Lehrmodell
    • Unterstützung medizindidaktischer Ausbildung (MME)


Das Programm des Retreats

Die Zukunft und Herausforderungen unserer Universität

Impulsvortrag: Rektor Müller

Strukturierung von gegliederten OEs im klinischen (und vorklinischen) Bereich

Impulsreferat: Angelika Berger, Oswald Wagner

Karrierewege und Gehaltsstruktur an der MedUni

Impulsreferat: Ivo Volf

Qualitätssicherung in der Lehre und Prüfungswesen

Impulsreferat: Harald Sitte, Ivo Volf, Berfin Sakar

Zusammenarbeit WIGEV / MedUniWien

Impulsreferat: Angelika Berger, Oswald Wagner

Kosten- & Leistungsrechnung, MedUniWien im Vergleich mit anderen Unis

Impulsreferat: Volkan Talazoglu

Zukünftige Schwerpunkte, Forschungsflächen, CPM/CTMT/ISI/TH

Impulsreferate:
  • Christoph Binder & Walter Berger: CPM & CTMT
  • Michaela Fritz ISI: Semmelweis
  • Wilfried Ellmeier: Neustrukturierung MouseFacility
  • Bruno Podesser: Hybrid-OP Himberg
  • Talazoglu/Fritz: Zukunft Core Facilities

Die MedUniWien als Forschungsinstitution – und mehr

Präsentation der Ergebnisse des Projektes „Leadership & Reputation“ (Brainds, VRin Fritz, Mag. Angerer)


MD/PhD neu mit VR Rieder und Hon.-Prof. Dr. Grimm

MD/PhD neu, Physician-Scientists und Clinical Fellows

Curriculum Humanmedizin - Quo Vadis?

Strategische Befassung mit Errichtung zukünftiger Masterstudien

Zukunft Senat: Universitätsrat

Zukunft Senat: stv. Vorsitzregelungen und mehr

Seltsames von der Rektorswahl an der Uni Wien

Bemerkenswertes spielt sich im Verfahren zur Bestellung der Nachfolge des aktuellen Rektors Heinz Engl an der Uni Wien ab. Engl hatte im Oktober 2021 bekannt gegeben, dass er sein Amt ein Jahr vor dem regulären Ablauf der Funktionsperiode zurücklegen werde.
Auf die erfolgende Ausschreibung bewarben sich 17 Personen – wie im Universitätsgesetz vorgesehen wurde eine Findungskommission eingerichtet (zusammengesetzt aus Mitgliedern von Senat und Universitätsrat). Aufgabe der Findungskommission: die Erstellung eines personellen Vorschlags an den Senat. Der Senat erstellt sodann einen Dreiervorschlag, aus dem (und nur aus dem) der Unirat den Rektor bzw. die Rektorin wählt.
Zusätzlich zu den von der Findungskommission nominierten Personen (s.u.) wurden drei weitere zum Hearing eingeladen, ein Kandidat (Tschöp) zog seine Bewerbung zurück. Der Dreiervorschlag des Senats wurde am 24. März gewählt – dem Vernehmen nach verzichtete der Senat auf eine Reihung innerhalb des Dreiervorschlags, was einen ausgesprochen ungewöhnlichen Schritt darstellt.
Noch viel ungewöhnlicher war aber der folgende Schritt: der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen beschloss am 6. April, Beschwerde an die Schiedskommission zu erheben - was sein gutes Recht ist, schließlich stellt er hier eine essentiell wichtige Kontrollinstanz dar. Während die (einzige) Aufgabe des Arbeitskreises in einem solchen Verfahren darin besteht, bei erfolgten Diskriminierungen (gegenüber Geschlecht, sexueller Orientierung etc.) Beschwerde zu erheben, behauptete der Arbeitskreis eine solche Diskriminierung jedoch gar nicht.
Gleichwohl erhob der Arbeitskreis Beschwerde – mit der absonderlichen Begründung, er wolle damit "(..) sicherstellen, dass kein Verdacht auf Diskriminierung im Raum steht.. da sich der Arbeitskreis auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Informationen nicht abschließend sicher ist."

Kurzum: eine an Absurdität kaum zu überbietende Begründung eines Gremiums, welches (per Gesetz und im Unterschied zur angerufenen Schiedskommission) in jeden einzelnen Schritt des Verfahrens eng eingebunden ist und Einsicht in sämtliche Bewerbungsunterlagen und Protokolle hat.

mehr